Pfeifenfabrik Gebrüder Ziegler, später Werk II des VEB EBR (Elektronische Bauelemente Ruhla)

Standort: 50°53'30.7"N 10°22'03.8"E

Erfahren Sie mehr über die Verarbeitung des Meerschaums in der Tabakpfeifenproduktion

Echter Meerschaum ist ein Mineralstein, der nur in der Türkei unter Tage abgebaut wird. Dadurch ist der echte Meerschaum und damit auch die Pfeife sehr teuer. Findige Ruhlaer Pfeifenschnitzer sammelten Späne und Abfälle, zerkleinerten alles in einer Mühle, gaben einen geheim gehaltenen Kleber dazu und schon hatten sie wieder einen Meerschaumstein, diesmal viel billiger und genauso gut zu bearbeiten. Der Massemeerschaum war nicht vom echten Mineral zu unterscheiden und wird unechter Meerschaum genannt.

unbearbeiteter Meerschaum aus der Türkei
unbearbeiteter Meerschaum aus der Türkei

Firmenchronik

Ruhla

1767
Mit dem Niedergang des Messerschmiedehandwerks begannen die Ruhlaer mit der Herstellung von Pfeifenköpfen. Dabei spielt Severus Ziegler (1747 – 1813) eine wesentliche Rolle. Er besuchte 1767 erstmals die Messe in Fulda mit Pfeifenköpfen, weshalb die Firma ihren Ursprung auf dieses Jahr festsetzte. Ursprünglich als Verlagshaus gegründet, wurden nun auch Einzelteile von verschiedenen Zulieferern zum fertigen Endprodukt verarbeitet. Neben Pfeifen wurden noch eine Vielzahl von Metallwaren für Haushalt, Büro und Industrie produziert.

1806
hinterließ er das Geschäft seine vier Söhnen Georg-Otto, Gottlieb-Elias, Christian und Johannes → „Gebrüder Ziegler“.

1864
wurden erstmals Pfeifen aus echtem Meerschaum in der Firma hergestellt.

1870
wurde das Unternehmen von den Söhnen der Gebrüder Ziegler Karl, Severus, Otto, Edmund und Gustav Ziegler geleitet.

1873
konnte durch die Anschaffung einer Meerschaummühle mit Heißlufttrocknung auch die Herstellung und Verarbeitung „künstlichen“ Meerschaums vervollkommnet und gesteigert werden. Dies führte zu einer Steigerung des Umsatzes in den Jahren 1866 – 1875 von 129.000 RM auf 200.000 RM.

1875
lagen die Geschäfte der Firma in den Händen von Paul und Arthur Ziegler, sie waren die Urenkel des Begründers.

1881
begann die Fertigung von Bruyereholzpfeifen. Das Holz wurde aus Süditalien bezogen, zugesägt, auf mechanisch bewegten Drehbänken und Schleifscheiben geglättet und poliert. Die mechanische Energie lieferte ein Wasserrad (Mühlrad), sie wurde über Transmissionen zu den Maschinen geleitet.

1897
stieg die Anzahl der Beschäftigten auf 70 Personen. Durch den Einsatz von Elektroenergie konnte die Produktionsweise der Dreh-, Schleif- und Poliermaschinen weiter vervollkommnet werden und die massenhafte Herstellung von Pfeifen aus Bruyere- und Buchenholz begann.

1904
machte sich eine Erweiterung der Fabrikräume erforderlich; die Zahl der Beschäftigten, die teils in Heimarbeit, teils in eigenen Werkstätten tätig waren betrug etwa 400 Personen.

1909
wurde das Geschäft in eine AG umgewandelt, der Aufschwung der Firma „Gebrüder Ziegler AG“ hielt bis Mitte der zwanziger Jahre an.

1925
Die Zunahme des Zigarettenkonsums begünstigte den Rückgang der Pfeifenindustrie. Von 1925 – 1935 betrug der Verlust über 220.000 RM.

1935
Um der gänzlichen Zahlungsunfähigkeit zu entgehen, wurde das Unternehmen nach fast 170-jährigen Bestehens aufgelöst und am 30.06.1935 aus dem Handelsregister gestrichen. Nach der Liquidation der „Gebrüder Ziegler AG“ entschlossen sich die ehemaligen Mitarbeiter Bruno Köllner und Eduard-Severus Ziegler ein vollkommen neues Unternehmen der Pfeifenbranche ins Leben zu rufen und am 01.07.1935 erfolgte die Gründung der „Bruno Köllner und Eduard-Severus Ziegler OHG“. Nach großen Anfangsschwierigkeiten ermöglichten langfristig gesicherte und freiverfügbare Darlehen eine weitere Entwicklung des Geschäftes bis 1950.

1950
Durch Umstrukturierung des Geschäftes, Rationalisierung und Verlegung der Pfeifenproduktion in eine Werkstatt nach Schwarzhausen konnte mit 10 Facharbeitern die Pfeifenherstellung für die nächsten 12 Jahre sichergestellt werden. Die Umsätze stiegen von 1955 – 1957 auf über 250.000 M jährlich.

1958
Wegen Devisenmangels wurde die Zuteilung von Bruyereholz stark verringert, sodass nicht mehr alle Kunden beliefert werden konnten, der Umsatz ging zurück, Entlassungen, in freigewordene Betriebsräume mieteten sich Handwerksbetriebe, Bürofirmen und andere Gewerke ein.

1961
Am 30.07.1961 wurde das Unternehmen aufgelöst und im Handelsregister gestrichen. Die Firma Langlotz & Co kaufte das Gebäude und machte es zum Werk 2 des VEB EBR (Elektronische Bauelemente Ruhla).

1992
Nach der Wende wurde das Fabrikgebäude des VEB EBR (ehem. Langlotz & Co) vom Investor Ralf Ittermann von der Treuhand abgekauft.

1995
Nach erfolglosem Umbau auf die Entwicklung von elektronischen Steuerungen ist die Firma liquidiert worden. Die Betriebsstelle in der Ecke 2 kaufte die Stadt Ruhla, die es nach Leerstand und Zerfall abgerissen und zu einer Grünanlage mit Parkplätzen und einem Wasserrad umgewandelt hat. Das Wasserrad steht stellvertretend für die ehemals insgesamt 15 Wasserkraftanlagen in Ruhla.

 

Quelle: Karsten Müller „Die Tradition der Pfeifenherstellung in Ruhla“ hain-Verlag 1996
Lotar Köllner: „Mi Ruhl, mi Heimet“ 3. Band

Langlotz & Co., später VEB EBR heute Ittermann electronic GmbH

Firmenchronik

1900
Der Geschäftsmann Otto Langlotz gründet einen kleinen Betrieb für Drehteile und Halbfertigfabrikate aus Metall, den er innerhalb von sechs Jahren vergrößern konnte.

1906
Umzug in die Gebäude an der oberen Köhlergasse, eine weitere Vergrößerung der Geschäfte folgt.

1910
Der Kaufmann Reinhold Liebergeld tritt als Teilhaber und kaufmännischer Leiter in die Firma ein, die nun „Langlotz & Co“ heißt. Zu den bereits hergestellten Halbfabrikaten kam noch eine große Anzahl elektrischer Installationsmaterialien hinzu.

1920
Mit dem Aufkommen und der Verbreitung des Rundfunks wird die Produktion schrittweise auf Radiozubehör, wie Bananenstecker, Röhrensockel, Schalter u. ä. umgestellt.

1945
Nach dem 2. Weltkrieg konnte im Betrieb neu begonnen werden und die Firma entwickelte sich weiter.

1957
erfolgte die Aufnahme staatlicher Beteiligung und die Umwandlung in eine Kommandit-Gesellschaft (KG), nun „Langlotz & Co KG“.

1960
Die staatliche Beteiligung wurde stetig erhöht, die Nachfrage nach LANCO-Artikeln stieg und die Räumlichkeiten reichte bald nicht mehr aus.

1961
wurden die Gebäude der ehemaligen Tabakpfeifenfabrik „Gebrüder Ziegler“ käuflich erworben und zum Werk II der Elektronischen Bauelemente Ruhla (VEB EBR) ausgebaut.

1965
Der Betrieb wurde dem Wirtschaftsrat des Rates des Bezirkes Erfurt unterstellt.

1971
erreichte der staatliche Anteil 98%.

1972
erfolgte die Übernahme des Betriebes mit staatlicher Beteiligung (BSB) in Volkseigentum. Es entstand der „VEB Elektronische Bauelemente Ruhla“ (EBR). Das Produktionsprofil änderte sich in Richtung Kontaktbauelemente.

1974
erfolgt die Einordnung des Betriebes in das Kombinat „Elektronische Bauelemente Teltow“. Produziert wurden über 250 Erzeugnisse, wie Installationsmaterial, Relais, Teile für Fernsprechapparate, Hörer, Tasten, Schalter und vieles mehr.

1980
wurden 40 Mio. MDN erwirtschaftet, die Beschäftigtenzahl betrug über 80 Produktionsarbeiter, Geschäftsbeziehungen bestanden zu 50 Abnehmern und 35 Zulieferern, ca. 400 LPG-Leute arbeiteten saisonbedingt in eigenen Fertigungsstätten in der Rhön. EBR unterhielt keinen Kindergarten, kein Ferienlager und kein Ferienheim, dafür gab es relativ hohe Jahresendprämien.

1984
kam der Betrieb zum Kombinat Zeitmesstechnik. Es musste die Leiterplattenproduktion in das Fertigungssortiment aufgenommen werden, mit der LPG war das nicht mehr möglich.

1985
arbeiteten noch gut 300 Personen im Stammwerk.

1988
Werksneubau auf dem Liesenberg.

1989
wurde der Betrieb der Treuhand in Berlin unterstellt, es gab noch ca. 200 Beschäftigte.

1990
wurde ein Sanierungskonzept vorgelegt, welches die Privatisierung der Fertigungsstätte Liesenberg vorsah. Die Betriebsteile Köhlergasse und Ecke sollten aufgegeben werden.

1991
Die Beschäftigtenzahl ging auf 70 zurück. Bemühungen um die Weiterführung des Betriebes blieben ohne Erfolg.

1992
kauften Ittermann und Behr von der Treuhand die Fa. „VEB Elektronische Bauelemente GmbH“ mit den Betriebsteilen Köhlergasse 16-18, Ecke 2 und Otto-Böttinger-Str. 2 (Liesenberg) für 560.000 DM ab. Zu diesem Zeitpunkt war die Liquidation von der Treuhand schon geplant, da die Firma keine Geschäftsgrundlage mehr hatte.

1995
erfolgte die Liquidierung. Die Betriebsteile in der Ecke und auf dem Liesenberg wurden von der Stadt Ruhla gekauft. Die Gebäude Köhlergasse 16-18 behielt Ittermann. Er gründete die Firma „Ittermann electronic GmbH“ und startete mit Münzzahlungsgeräten für den Solarienbetrieb.

2002
Ittermann begann mit der Entwicklung von High-Power-Lampen für den Wellness-, Therapie- und Solarbereich.

2008
In der Firma waren mehr als 40 Mitarbeiter beschäftigt. Im selben Jahr wurden auch LED-Unterwasserscheinwerfer für die Olympiade in Peking gebaut. Haupterzeugnisse der Firma Ittermann sind derzeit die Ittermann-SpotLight-LED-Scheinwerfer.