Wetter

Witterungsrückblick und einige Bräuche für den Monat Dezember - Teil 2

Der Wetterhahn von Sankt Concordia blickt zurück
Rühler Witterungsrückblick und einige Bräuche für den Monat Dezember 2020
Teil 2 - Heiligabend, die Zeit zwischen den Jahren und Silvester

Die Adventszeit war vorüber. Vor uns lag das von uns und besonders von den Kindern so herbei gesehnte Weihnachtsfest, das Fest der Geburt Christi, der gefühlt höchste Feiertag des gesamten Jahres. In Ruhla bezeichnet man das Fest seit Urzeiten als „Christkeengchen“, weil an diesem Tag Jesus Christus auf die Erde gekommen sein soll. Das Christkeengchen bringt die Geschenke. In früheren Jahren war es der Nikolaus, der die Geschenke brachte. Besonders durch den Einfluss von Martin Luther hat sich der Schenktag mit den Jahren auf die Weihnachtstage verlegt. Ist doch an Weihnachten das Christkind geboren und ein sehr hoher Heiliger sollte es schon sein, der das Schenken vornimmt.  Ruhla wäre nicht Ruhla, wenn es für die Geschenke nicht einen eigenen Rühler Namen gäbe. Bei uns heißen die Weihnachtsgaben  eben auch „Christkeengerchen“. In früheren Zeiten gab es beim Schenken in Ruhla aber auch eine Besonderheit. Die Geschenke gab es in der Ruhl erst am Morgen des 1. Weihnachtstages und ohne Weihnachtsmann. Man fand sie in der Früh ganz einfach in der guten Stube. Der Heilige Abend, in der Ruhl „Christhealjouwed“ bezeichnet, war ein normaler Arbeitstag. Das Haus wurde an diesem Tag besonders aufgeräumt und sauber gemacht. Allerdings musste das Scheuerwasser bis um 16:00 Uhr ausgeschüttet sein. Schnell wurde im Waschzuber noch ein Bad genommen. Zur Abwehr böser Geister und Dämonen stellte man im Flurfenster noch eine Kerze auf. Nun begannen die eigentlichen Weihnachtsvorbereitungen. Die Weihnachtspyramide wurde aufgestellt. Der Weihnachtsbaum wurde erst circa 1870 in Ruhla salonfähig. Beide, Pyramide und Baum, blieben bis zum Dreikönigstag (06.01.) stehen. Der Christbaum war in früheren Jahren auch bei den reicheren Leuten viel kleiner als heute, hatte weniger Lichter, einige vergoldete Nüsse und weiß gestäubte Zapfen und wurde an der Decke aufgehängt. Bunte Kugeln wurden erst nach dem ersten Weltkrieg üblich. Als Zwischenmahlzeit gab es in heißer leicht gesalzener Milch eingebrocktes Brot. Abends gab es Pfefferkuchen, bei uns „Schiewen“ genannt. Für die Männer wurden die Schiewen in Brandwein, für die Frauen und Kinder  in Milch eingeweicht und es wurde mit dem Löffel gegessen. Besonders dem Christweck kam große Bedeutung zu. War er beim Backen misslungen, also innen gerissen oder mit Schliff, bedeutete das ein äußerst schlechtes Omen. Das erste Ende des ersten angeschnittenen „Wecks“ (Stollen), das „Öweireftchen“, musste ein Jahr aufgehoben werden.

Die Kinder und Jugendlichen zogen mit Laternen bewaffnet zur Weihnacht von Haus zu Haus und sangen Weihnachtslieder. Dafür erhielten sie von den Besungenen Plätzchen, Nüsse, Äpfel und kleine Münzen. In den späten Abendstunden des Christhealjouwend besuchte die gesamte Familie die Lichterkirche. Jeder brachte ein Wachslicht mit und die Kirche erstrahlte im hellen Glanz.

Als Wetterregel für den 24.12. galt: “ Ies de Christnaoicht heall unn kloir, kömmt ea geseachent Joihr.“ Wie war es nun zu Christkeengchen 2020  ums Wetter bestellt? Natürlich nicht so, wie im klugen Wetterspruch vorgesehen.

Der Himmel war bedeckt, wie die letzten 4 Tage vorher auch. Die Sonnenstunden waren gleich Null. Die Tageshöchsttemperatur betrug 9,4°C (für einen Heiligabend fast tropisch), die Nachttemperatur lag bei 1,3°C. Geregnet hat es auch noch, und zwar 1,2 l/m². Der Wind wehte aus West. Am nächsten Tag sah es nicht viel besser aus, naja, das kann ja was geben für den Rest des Monats. Summa summarum war es auch in diesem Jahr wieder einmal nichts mit weißer Weihnacht. Letztmalig hatten wir im Jahr 2010 eine weiße Weihnacht. In den letzten 100 Jahren gab es in Deutschland gerade mal in 6 Jahren eine weiße Weihnacht bis ins Tiefland - nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes. Übrigens, von weißer Weihnacht dürfen wir offiziell sprechen, wenn an drei Tagen hinter einander zu den Feiertagen eine geschlossene Schneedecke liegt.

Wie schon gesagt, am Morgen des ersten Weihnachtstages, auf gut Rühler des „ärschten Christtaogks“, fand man in den Stuben die Geschenke vor. Nach der häuslichen Bescherung holten die Kinder ihre Geschenke von den Großeltern und Paten ab, diese waren in weiße Tücher eingeschlagen.

Als nun nach und nach der Heilige Abend zum Schenktag wurde, löste nun auch der Weihnachtsmann das Christkind als Gabenbringer ab.

Weiterhin ist es üblich, am 1. und 2. Weihnachtstag die Kirche zu besuchen.  In früheren Jahren gab es als Weihnachtsessen „Hütz und Rippchen“. Heute sind wir bei Gänsebraten oder Wild gelandet.

Sind wir nun bei unserer Dezemberbetrachtung im Zeitraum, wie man früher sagte, zwischen den Jahren angekommen. Zu  diesem Zeitpunkt des Jahreslaufes hatte schon immer der Aberglaube Hochkonjunktur. Aus tiefster germanischer Zeit wurden die so genannten Raunächte übernommen. Diese gingen ursprünglich vom Thomastag (21.Dezember) bis zum Heildreikönigstag (6. Januar). Später unter dem Einfluss der Kirche reduzierte sich die ganze Angelegenheit auf die 12 Heiligen Nächte. Diese umfassten den Zeitraum vom 24.12. bis Neujahr, bzw. bis zum 6. Januar. Nach der alten Überlieferung hatten in dieser Zeit die Seelen der Toten Ausgang. Unter Führung Wotans zog dieser wilde Haufen im Zeitraum vom 24. Dezember bis Neujahr durch die Lande. In sturmgepeitschter Nacht zog das wilde Heer vom Hörselberg kommend zum Großen Warthberg, dann über Bermer und Mühlrein  zum Gerberstein und zur Hirschbalzwiese. Wehe, wehe, wem diese grässliche Horde begegnete. Ihr zog zwar zur Warnung der getreue Eckard voraus, aber da half nur eines, mit dem Gesicht nach unten auf den Boden werfen und ein „Vater unser“ beten bis der Spuk vorüber war. Die 12 Raunächte wurden später an besondere Heilige gebunden. Die Altvorderen achteten peinlich genau auf die Einhaltung bestimmter Regeln für diesen Zeitraum. Des nachts Geträumtes ging im entsprechenden Monat in Erfüllung, Gutes, wie aber auch Schlechtes. Arbeiten in Haus, Hof und Garten waren jetzt verboten. Hülsenfrüchte durften nicht gegessen werden, kein Stall gemistet und auch möglichst keine Wäsche gewaschen werden. Das Schneiden von Haaren und Fingernägeln war verboten. Nägel durfte man in diesem Zeitraum nicht einschlagen, es könne ja ein Nagel zum Sarg sein.

Durch den Aberglauben bedingt waren Vorhersagen zum Wetter bzw. zur Witterung in den 12 Tagen, auf den jeweiligen Monat des kommenden Jahres bezogen, üblich. So der Spruch: „Wie sich  das Wetter in den Zwölften verhält, so ist das ganze Jahr bestellt“. Den Müttern war es am 28.12., dem Keengstaogk (also dem Tag der unschuldigen Kinder, Tötungsbefehl König Herodes Bibel) verboten, Kinderwäsche auf zu hängen. Dies sollte die Kinder der Familie vor Ungemach schützen. Die Tage zwischen dem 27. und 30. Dezember sollten bei genauer Beobachtung Auskunft geben über den Verlauf von Krankheiten, dem Graswuchs und die kommende Obsternte.

Bei dieser Gelegenheit sind wir schon bei unseren Rühler Wetterbeobachtungen der letzten 11 Kalendertage des Jahres 2020 angekommen. Besonders auffällig für den letzten Zeitraum des Monats war die Tatsache, wir hatten nicht eine einzige Sonnenstunde. In den gesamten 11 restlichen Dezembertagen war der Himmel bedeckt. Keine auch noch so winzige Wolkenlücke ließ unserem geliebten Klärchen auch nur die geringste Möglichkeit, einmal kurz über Ruhla zu zwinkern. Geregnet hat es in dem Zeitraum an 9 Tagen ganze 28,6 Liter. Wenn wir auch in diesem Jahr keine weiße Weihnacht verzeichnen konnten, so hat es doch ab dem 27. Dezember leicht geschneit.

Bleibt uns nur noch ein kurzer Blick auf Silvester in Ruhla, mit dem äußerst schwierigen Namen „Nöujoirschhealjaouwed“, zu gut deutsch Neujahrsheiligabend genannt, zu werfen. Mittags gab es Linsensuppe, die ratzeputz aufgegessen werden musste, damit im neuen Jahr immer Geld in der Kasse sei. Abends gab es Heringssalat. Die Männer gingen dann ins Wirtshaus zum Kartenspielen. Später nach der Lichterkirche, wie zu Heiligabend schon beschrieben, gab es Punsch und das berühmte “Schiewengebroacks“.

Zu Silvester galt der alte Wetterspruch: „Silvesterwind und warme Sonn, werfen jede Hoffnung in den Born“. Oder: „Neujahresnacht still und klar, deuten auf ein gutes Jahr.“ Zu Silvester war der Himmel wie üblich bedeckt. Es gab leichten Schneefall. Die Tiefsttemperatur lag bei -0,5 °C. Die Höchsttemperatur des letzten Tages im Jahr 2020 zeigte 0,9°C. Mit der Tageslänge ging es auch schon aufwärts, wir erreichten 8:01 Stunden.

Wenn wir den gesamten Dezember 2020 kurz einschätzen wollen, können wir nur sagen: Viel zu dunkel, insgesamt erreichten wir nur ganze 9 Stunden Sonnenschein, mehr als mickrig. Dies kam auch im Bedeckungsgrad des Himmels für den gesamten Monat zum Ausdruck. Von den 31 Tagen des Monats war der Himmel, man glaubt es nicht, an 27 Tagen bedeckt. Geregnet hat es an 15 Tagen und zwar 33,5 Liter. Die Schneehöhe erreichte insgesamt 18 cm, wobei es an 5 Tagen geschneit hat. An 9 Tagen konnten wir eine geschlossene Schneedecke vermelden. Der Wind erreichte im Dezember eine mittlere Stärke von 9 km/h und eine maximale Böe von 67 km/h.

Soviel nun zum Monat Dezember 2020. Gerade zum Brauchtum, besonders von Ruhla, hätte man noch viel, viel mehr schreiben können, aber das hätte den Rahmen der Ausführungen gesprengt.

Also dann, verehrte Leser, für 2021 viel Gesundheit und immer ein Wetter, das für Wohlbehagen sorgt und unserer Natur gut tut.

 

Ihr  Gert Götze