Wetter

Witterungsrückblick und einige Rühler Bräuche für den Wonnemonat Mai

Der Wetterhahn von Sankt Concordia blickt zurück
Der Witterungsrückblick und einige Rühler Bräuche für den Wonnemonat Mai

Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, also besondere Vorsicht beim Spaziergang im Wald.

Nun haben wir schon den fünften Monat des laufenden Jahres hinter uns. Oder sagen wir es anders, der dritte Frühlingsmonat umschmeichelte uns mit seinen Frühlingsdüften und den dazu gehörigen Gefühlen.

Der Name Wonnemonat geht nach der Überlieferung auf Kaiser Karl den Großen zurück. Mit seiner Aussage wollte er eigentlich nur darauf hinweisen, dass das Vieh wieder auf die Weide getrieben werden konnte. Im Althochdeutschen ist unter der Bezeichnung „wunnimanot“ ganz einfach nur Weidemonat zu verstehen. Mit der Wonne im heutigen Sinne hat Kaiser Karls alter Monatsname eigentlich gar nichts zu tun. Die Verknüpfung mit körperlicher Wonne und Sinnlichkeit ist aber seit Beginn des Neuhochdeutschen, also mit Beginn der Neuzeit, schon fest im Volksglauben verankert. Aus diesem Grund belassen wir es auch dabei, dass im Wonnemonat die Fragen der Liebe, Beziehungen, Sexualität, Fruchtbarkeit, Empfängnis, Eheschließung und vieles mehr von besonderer Bedeutung ist. Bei Lichte betrachtet passt die aufkeimende, sich erneuernde Natur auch viel besser zum Wonnemonat.

Im Brauchtum Deutschlands wird etwa seit dem 13. Jahrhundert mit dem Aufstellen der Maibäume, den Mairitten, Maifeiern, Laubmännchen-Umzügen und vielem mehr der Lieblingsmonat von den Menschen begrüßt und gefeiert. Nicht zu verkennen ist dabei, dass diese Rituale auf längst vergangene heidnische Feste rund um den Frühling, wie etwa Beltaine, zurückgehen.

Schon die alten Rühler mochten ihren Mai. Da der 1. Mai in früheren Zeiten kein Feiertag war, galt der erste Sonntag damals als der „Maitag“. Für diesen Tag ist als typisches heimatverbundenes Ritual das Einholen des Laubmännchens bekannt. Von den Kindern und Jugendlichen wählte man einen aus. Äste mit frischen Laub wurden gebrochen und am Körper des erwählten befestigt, so dass nur noch die Schuhe sichtbar waren und er durch ein kleines Guckloch etwas sehen konnte. Man behängte ihn mit bunten Bänder und Tüchern und führte ihn mit Gesang und Tanz durch Ruhla. Ging es wegen fehlenden Blattgrüns am ersten Maisonntag nicht, verschob man die ganze Angelegenheit um eine Woche. Jahre später fanden dann die Laubmännchen-Gänge in Ruhla immer zu Pfingsten statt. Unsere damaligen Landsleute waren so froh, ihr schon damals so geliebter Wald war endlich wieder grün. Damit ging es unaufhaltsam der Hochzeit des Jahres, dem Sommer, entgegen. Die Dämonen des Winters waren überwunden. Waldmännchen brachte den Segen der Natur nach Ruhla zurück. Anderswo nannte man dieses Ritual Maikönig, Graskönig, Schoßmeier, Laubjunge oder einfach nur Grüner Mann. Diese Frühlingsfiguren sollen auf den Lichtgott Baldur zurückgehen, der vom Wintergott Hödr ermordet wurde und nun als personifizierter Frühling selbst zurückkehrt.

Wie sich unsere Altvorderen den Mai wünschten, besagt folgender alter Wetterspruch: „Trockener Mai bringt Wehgeschrei. Feuchter Mai bringt Glück herbei“. So sprach man damals auch: „Denn ein rechter Mai für wahr, ist der Schlüssel fürs ganze Jahr“.

Die ersten 10 Maitage zeigten sich für uns recht maienhaft. An drei Tagen war der Himmel wolkenlos, einen Tag zeigte er sich heiter. Zwei weitere Tage waren wolkig und vier Tage bewölkt. Klärchen, das liebe Sonnenkind, beschien die Wälder Ruhlas mit ihren so zahlreichen Kahlflächen ganze 62,8 Stunden. Das Beste der ersten zehn Maitage waren die 17,6 Liter Niederschlag, gefallen an drei Regentagen. Am 2. Mai überraschte uns um die Mittagszeit ein kurzes Gewitter. Nehmen wir den Niederschlag als ein gutes Zeichen. Sagt doch die alte Bauernregel: „Regnets am ersten Maientag, viel Früchte man erwarten darf.“ Immerhin waren es an diesem Tag, dem 1. Mai, 5,9 Liter Regen auf den m² - unser Wald braucht den Regen dringend. Die Temperaturen der ersten Maidekade waren auch nicht überwältigend. Als tiefste Nachttemperatur zeigte die Quecksilbersäule am 6. Mai -1,0°. Die höchste Tagestemperatur verzeichneten wir am 8. Mai mit 21,4°C. Die Durchschnittstemperatur der ersten 10 Maitage betrug 9,68°C. Wenn wir uns die Werte so betrachten, liegen wir voll im Trend der alten Bauernregel: „Mai kühl und nass, füllt den Bauern Scheun´ und Fass“. Der durchschnittliche Luftdruck bewegte sich im Berichtszeitraum bei 1018,07 hPa. Im Zeitraum war der Breitenberg am 2. Mai und der Bermberg am 6. Mai belaubt. Die Fichte begann am 1. Mai mit ihrer Blüte und bedeckte von da an die gesamte Bermich mit ihrem gelben Blütenstaub, also mit dem Fensterputzen war noch zu warten.

Schauen wir nun zum Beginn des zweiten Maidrittels in den Kalender. Oh Schreck, was erwartet uns da – die Eisheiligen. In Nord- und Mitteldeutschland hatten sie sich für den 11., 12. und 13. Mai angemeldet. Ob sie wohl in diesem Jahr pünktlich sind? Manchmal verspäten sie sich auch um ein paar Tage. Ihre Namen (merkt sie euch gut, damit ihr später wisst, auf wen ihr schimpfen müsst): Mamertus, Pankratius und Servatius. Im Süden unseres Vaterlandes sind die so verhassten Eismänner um einen Tag verschoben und stehen für den 12. 13. Und 14. Mai im Kalender, auch hier ihre Namen, Pankratius, Servatius, und Bonifatius.

Unsere Urahnen hatten für das frostige Lumpengesindel, die Heiligen werden mir diesen Ausdruck verzeihen, auch ihre Bauernregeln. So zum Beispiel: „Der heilige Mamerz, (11.5.) hat ein Eisherz“. Oder „Pankratius (12.5.) und Servazius (13.5.) bringen Kälte und Verdruss“. Am 15. Mai kommt dann noch für alle deutschen Landsleute gemeinsam so ein eiskaltes Weib, die Kalte Sophie daher. Auch zu ihr noch Bauernregeln: „Oft hat die Sophie Frost gebracht und manche Pflanze tot gemacht“. Oder „Vor Nachtfrost bist du sicher nicht, bis die Kalte Sophie vorüber ist.“

Die Eisheiligen belehren uns, und das schon seit Jahrhunderten, in unseren Breiten- und Höhenlagen sollte man keine frostempfindlichen Pflanzen ins Freie bringen. Die Gartenarbeiten können erst nach den Eisheiligen so richtig beginnen. Für dieses Jahr galt: Die Eisheiligen waren pünktlicher als pünktlich, sogar pünktlicher als bestimmte Handwerker. Sie waren dieses Jahr so pünktlich wie Martin Bruder und seine besten Maurer.

Die Eisheiligen 2020 einmal in Zahlen ausgedrückt:

  Nacht-temperatur Höchst-temperatur Durchschnitt Regen
11.05.2020
Mamertus
-1,2 12,6 5,70 10,2 Liter
12.05.2020
Pankratius
-2,0 9,5 3,75  
13.05.2020
Servatius
-0,3 12,5 6,10  
15.05.2020
Kalte Sophie
0,3 14,2 7,25  

 

Die Nachtfröste des Pankratius haben in Thüringen einige Schäden verursacht, besonders in den Weinbaugebieten. Laut Pressemitteilung war die Temperatur an diesem Tag in den letzten 42 Jahren nicht so tief gesunken, wie in diesem Jahr. Kalt waren die Eisheiligen in ihrer diesjährigen Saison, wie auch der bisherige Mai insgesamt. Gut, nun sind sie vorbei. Trösten wir uns mit einem abschließenden Wetterspruch: „Was die Wetterheiligen nicht verderben, wird auch nicht mehr an großer Kälte sterben“. Die Durchschnittstemperatur in der zweiten Maidekade lag bei 8,80°C. Als höchste Temperatur verzeichneten wir bisher am 19. Mai 21,9°C. Die Sonnenstunden betrugen, trotz der niedrigen Durchschnittstemperatur in der Dekade, immerhin 62 Stunden Sonnenschein über Ruhlas Auen. Der Himmel zeigte sich im Berichtszeitraum an einem Tag wolkenlos, drei Tage war es sonnig und an einem Tag leicht bewölkt. Starke Bewölkung registrierten wir an weiteren 2 Tagen und an einem Tag zeigte sich das Firmament bedeckt. An 2 Tagen konnten wir Regenfälle verzeichnen. So überraschte uns der 11. Mai mit 10,2 Litern Niederschlag. Dieser Regen war sogar im Zeitraum von circa 12:00 Uhr bis 12: 25 mit einer kurzen Gewitterübung verbunden. Am 10. Mai konnten wir ganz von Fernen Donnergrollen vernehmen. Der 20. Mai bereitete der wiederum ausgetrockneten Landschaft nochmals magere 0,70 Liter Niederschlag. Fast über den gesamten Zeitraum wehte ein recht straffer Wind, der die Austrocknung der Böden, weiter vorantrieb.

Ein Blick zum Kalender verriet uns, Himmelfahrt ist erreicht. Christi Himmelfahrt ist eines der ältesten christlichen Feste. In christlichen Urzeiten feierte man es mit Pfingsten gemeinsam, erst um das Jahr 400 wurde es ein eigenständiges Fest. Zu Beginn wieder eine alte Bauernregel: „Es kommt kein gutes Wetter, bevor Christus seine Beine nicht von der Erde hat“. War das Wetter günstig, nutzten schon unsere Ahnen den Tag, mit der gesamten Familie in den herrlich frischen grünen Wälder Ruhlas eine Wanderung zu unternehmen. Man führte auch Flurgänge, die bis auf vorchristliche Zeit zurück zu verfolgen sind, an diesem Tag durch. Die Viehhirten, Forstläufer, Schultheißen usw. bestätigten mit solchen Begehungen Hutungsgrenzen, Triften und deren Wege. Dabei befeuchtete auch so mancher Braandewien und manches Bierchen die Kehlen der Flurgänger. Heute hat sich das etwas geändert, so die Obrigkeit uns lässt, sind daraus Vatertagsausflüge und Herrenpartien geworden. Am Auffahrtstag des Herren durfte nur fliegendes Fleisch gegessen werde, also Geflügel. Zu Himmelfahrt erwarteten unsere Altvorderen auch Gewitter und Regen. Denn man nahm an, zur Feier der Auffahrt Christi müsse sich immer mal wieder der Himmel öffnen. Der Tag nach Christi Himmelfahrt nannte man in früheren Zeiten auch Schauerfreitag. An diesem Tag hielt man gleichfalls noch Flurprozessionen ab.

Kommen wir nun zu den letzten 11 Maitagen. Wir müssen hier ganz eindeutig einschätzen, unser Mai ist sich im Jahre 2020 treu geblieben. Wie er begonnen hat, will er anscheinend auch weiter machen. Der Himmel über unserem schönen Ruhla zeigte sich an einem Tag wolkenlos, drei Tage war es sonnig und an zwei Tagen leicht bewölkt. Zwei der letzten 11 Maientage zeigte Petrus uns einen wolkigen Himmel. An 2 Tagen war von der lieben Sonne nicht viel zu sehen, der Himmel war halt bewölkt und an einem Tag sahen wir starke Bewölkung statt Sonne. Trotz alledem, der Fotograf würde nach reiflicher Himmelsbetrachtung und Überlegung seinen alten Wetterspruch aus dem Lehrbuch der Photographie hervorkramen, der da lautet: „Wenn die Sonne lacht, nimm Blende 8“. Die letzten 11 Tage vom Wonnemonat Mai zeigte sich unser so geliebtes “ Klärchen“. ganze 69,9 Stunden. Der Mai - Regenbilanz durften wir weitere 18 Liter Regen hinzufügen. Im Gesamtmonat erreichten wir für die im Moment herrschenden klimatischen Verhältnisse immerhin 46,5 l Regen, gefallen an 8 Tagen. Sogar mancher Ort in Thüringen beneidet uns um die „Wassermassen“. Der Monatsschnitt der Jahre 2008 – 2019 liegt für Ruhla bei 86 Litern, also regnen könnte es noch etwas. Die Temperaturen der letzten Maidekade waren auch nicht gerade als sommerlich einzuschätzen. Die niedrigste Nachttemperatur der letzten 10 Maitage lag am 26. Mai bei 3,3°C. Beinahe wäre der alte Wetterspruch: „ Sankt Wigand (30.5.), dieser böse Mann, zuletzt noch Nachtfrost bringen kann“, in Erfüllung gegangen Zum Glück für unsere Gärtner beließ er es bei 4,4°C. Die relativ niedrigen Temperaturen, besonders nachts, mit 4 Tagen Nachtfrost im gesamten Monat, sind auf die kühlen, zum Teil kräftigen Winde zurückzuführen. Sie wehten fast den gesamten Monat aus Nord oder Ost. Diese Winde waren natürlich auch unserem Wald nicht förderlich, trockneten sie doch den Boden weiter stark aus. Die gefallenen Niederschläge verpufften zum Teil noch in der Luft. Wie heißt die Bauernregel so schön: “Nordwind im Mai, bringt Trockenheit herbei“. Die Monatsdurchschnittstemperatur bewegte sich heuer um 10,3°C. Im gesamten Monat, das ist für einen Mai außergewöhnlich, konnten wir auch keinen einzigen Sommertag (Tagestemperatur über 25°C) erreichen. Auffällig für diesen Mai war auch die Tatsache, dass es kaum Gewitter gegeben hat. Nur am 2. Mai waren über dem Bergstädtchen kurz Blitze zu sehen und Donner ließ uns kurz aufschrecken. Bleibt uns für den Mai nur zu resümieren und zu hoffen, dass Fässer und Scheunen in diesem Jahr voll werden. Sagt doch die alte Bauernregel: „Ein kühler Mai wird stets geacht, hat er stets ein gutes Jahr gemacht“. Da ein großer Teil der Pfingstfeiertage 2020 im Monat Juni liegt, wollen wir uns mit dem Brauchtum zu Pfingsten auch erst im Juni beschäftigen.

Liebe Redaktion der Ruhlaer Zeitung, an dieser Stelle möchte ich nicht vergessen, mich nochmals recht herzlich für den herrlichen Blumenstrauß des Monats zu bedanken. Ich verspreche, dass ich auch weiterhin versuchen werde, das Ruhlaer Wettergeschehen, natürlich mit einem bisschen Spaß, zu kommentieren. Also herzlichen Dank noch mal. Ein weiteres Dankeschön auch an die vielen Leser, die darauf warten, was der Wetterhahn vom Turm der Concordia Kirche so zu krähen hat.

 

Gert Götze

im Juni 2020