Wetter

Witterungsrückblick für den Winter 2019/2020, der keiner war

Der Wetterhahn von Sankt Concordia wundert sich
Witterungsrückblick für den Winter 2019 / 2020, der keiner war.

Winter, was ist das? Der astronomische Winter beginnt auf der nördlichen Halbkugel, also bei uns, wenn die Sonne senkrecht über dem südlichen Wendekreis steht. Im letzten Winter war das am 22. Dezember. Der Winter endet mit der Frühlingstag- und Nachtgleiche, in diesem Jahr laut Kalender am 20.03.2020. Die Dauer des Winters beträgt auf der Nordhalbkugel exakt 89 Tage.

Die professionellen Wetterfrösche haben sich zur Vereinfachung ihrer Arbeit auf den meteorologischen Winter geeinigt. Dieser beginnt am 1. Dezember eines jeden Jahres und endet am 28. - oder wie in diesem Jahr am 29. - Februar des Folgejahres. Bei unserer Winterbetrachtung wollen wir uns an die meteorologische Sichtweise halten.

War schon der vergangene Sommer von Hitzerekorden geprägt, so sollte der Winter es ihm gleich tun. Die Einschätzung für Mitteleuropa und somit für ganz Deutschland kann nur lauten: viel zu warm, zu feucht, aber ohne größere Schneefälle und auch zu sonnig. Schnee, Eis und stärkere Fröste mussten wir uns fragen, was ist das? Stellt sich daraus folgend die Gretchenfrage, woran lag das. Ein Starkwindband in großer Höhe trieb immer wieder Tiefdruckgebiete über Island bis in die nördlichen Gebiete Russlands. Diese Wetterverhältnisse haben fast unseren gesamten Kontinent in eine beinahe dauerhafte sehr milde Südwestströmung gebracht. Von dieser Entwicklung war natürlich unser Bergstädtchen nicht aus genommen.

Betrachten wir die gemessenen Tiefstwerte, oder besser gesagt die jeweils gemessene niedrigste Temperatur des Monats, die unser Thermometer jeweils in den 3 Wintermonaten angezeigt hat und vergleichen diese mit den jeweilig tiefsten Werten der letzten 12 Jahre von unserer Wetterstation Otfried Blumenstein.

Monat Tiefstwert 2020 Tiefstwert letzte 12 Jahre
Dez. -4,1°C -16,9°C
Jan. -5,0°C -17,9°C
Febr. -2,7°C -19,3°C


Stellt sich bei diesen Werten die Frage, hielt der Winter der letzten Periode einen ausgiebigen Winterschlaf oder lag er von Petrus unbemerkt scheintot in einer Ecke der Wetterküche? Die leidenschaftlichen Wintersportler unserer Heimatstadt mussten, wenn sie auf ihre geliebten Bretter wollten, erst die Räder ihrer Autos benutzen und wenigstens bis Oberhof fahren. Bei uns war nicht einmal rodeln möglich. Der Spurschlitten von Klaus Baacke weinte bitterliche Tränen in der Garage, weil er mangels Schnee kein Tageslicht sah. Für ein kurzes Intermezzo sorgte der Winter vom 26. bis 28. Februar mit Schneefällen in Ruhla und einer, wenn auch nur kurzzeitigen, geschlossenen Schneedecke - aber erst in einer Höhe ab etwa Bermbachtal.

Der gesamte Winter bescherte uns 41 Frosttage. An diesen Tagen muss das Thermometer nur einmal in 24 Stunden unter den Gefrierpunkt fallen. Nur 2 Eistage traten in der letzten Winterperiode auf. Eistage sind Tage, an denen die Quecksilbersäule dauerhaft 24 Stunden unter dem Gefrierpunkt bleibt.

Übrigens, in diesem Zusammenhang sollten wir die nächste Tatsache beachten. Unsere Wetterstation am Gymnasium registrierte am 14.02.20 einen winterlichen Höchstwert von sage und schreibe +14,9°C. Diese Temperatur in einem Monat, der doch zu den kältesten zählt, wir können es kaum glauben!

Die Mittelwerte der drei Wintermonate, zeigten sich im Vergleich zu den letzten 12 Jahren wie folgt:

Monat gemessener Mittelwert 2019/20 Vergleichswert letzte 12 Jahre
Dez. 3,1°C 1,21°C
Jan. 2,5°C 0,07°C
Febr. 3,4°C 0,83°C


Die verwendeten Werte basieren auf Angaben der Wetterstation Otfried Blumenstein. Die dargestellte Entwicklung zeigt uns Summa summarum eine Steigerung des Mittelwertes um etwa 3°C - natürlich in den Plusbereich.

Die Sonne hat es, trotz des Eindruckes im letzten Winter, mit einer Gesamtzahl von 135,9 Sonnenstunden im Vergleich zum langjährigen Mittel von 115,75 Stunden recht gut mit uns gemeint.

Doch 256 Liter Regen an 51 Regentagen im gesamten Winter halfen unseren Böden, sich vom letztjährigen Trockenstress des Sommers etwas zu erholen. Besonders der Monat Februar, mit seinen 123,6 Litern Niederschlag, sei hier zu erwähnen. Als Wermutstropfen bei der Niederschlagsentwicklung dürfen wir aber die ausgefallenen Schneefälle des Winters nicht vergessen.

Wie sehr unterschiedlich die Gesamtregenmengen des letzten Winters aber waren, zeigt uns die Wetterstation Erfurt - Bindersleben. Die Regenmenge, die hier gemessen wurde, belief sich auf ganze 91,2 Liter Niederschlag auf den m². Damit zählte unsere Landeshauptstadt zu den trockensten Orten in Deutschland. Wenn wir uns die kurze Entfernung zwischen Ruhla und Erfurt einmal verdeutlichen, ist diese Differenz kaum zu glauben.

Nun gut, der Winter, der keiner war, ist vorbei. Freuen wir uns auf das kommende Frühjahr.

Augenzwinkernd erhebt sich im Zusammenhang mit dem vergangenen Winter eine letzte Frage. Fällt der Eisenacher Sommergewinn wirklich wegen des Corona-Virus aus, oder ist daran vielleicht die Inaktivität und Faulheit des sonst so gestrengen Herrn Winters schuld??

Winterphänomene:

  • Kältester Winter 1962/63 mittlere Temperatur -5,5°C
  • Wärmster Winter 2006/07 mittlere Temperatur + 4,4°C
  • Tiefste gemessene Temperatur Deutschlands am 12.02.1929 mit -37,8°C in Hüll, Oberbayern
  • Tiefste weltweit gemessene Temperatur -89,2°C Juni 1983 in Wostok, Station in der Antarktis


Gert Götze im März 2020