Wetter

Witterungsrückblick für den Monat Juni 2020

Der Wetterhahn von Sankt Concordia blickt zurück
Rühler Witterungsrückblick und einige Bräuche für den Monat Juni 2020

Puh, wollen wir einmal kurz anhalten und uns den Schweiß von der Stirn wischen. Wir haben nämlich schon die Hälfte der 365 Sprossen unserer himmlischen Jahresleiter im Jahresgang 2020 hinter uns gelassen. Ein Grund für ein Bierchen? Nö, weiter geht es, der Weg nach oben ist noch lang und steil dazu.

Um es mit unserem großen Dichterfürsten Herrn von Goethe zu sagen: „Pfingsten, das liebliche Fest war gekommen! Es grünten und blühten Feld und Wald.“ (Beginn Reineke Fuchs) Für die Bürger Ruhlas hatte Pfingsten schon immer eine besondere Bedeutung. Der Rühler Winterschlaf war im wahrsten Sinne des Wortes vorbei. Die Ruhl verfärbte sich wieder grün. Glockentöne von den Hängen des Engestiegs und des Breitenberges schallten durch die Gassen unseres Bergstädtchens. Die Gassen, Brunnen und Häuser unserer Heimat waren mit frischem Grün geschmückt. Die Rühler Maiden zogen singend und scherzend die Sträßchen rauf und runter, ihnen folgten die Männer, man fand sich zu Paaren zusammen und mit Gesang und Tanz ging´s weiter bis tief in die Nacht. Von den Kirchtürmen bliesen Kapellen Choräle und andere geistliche Lieder. Beide Kirchen waren von den Eingängen bis zu den Altären mit Buchen und Maiengrün geschmückt. Die Jungen stellten in der Nacht ihrer Liebsten mit bunten Eiern und Bändern geschmückte Bäumchen vor`s Haus. Die Pfingstgottesdienste dauerten meist besonders lange und waren gut besucht.

Nach dem Essen ging´s wieder mit Gesang und Tanz in die Natur. Die Hutplätze des Viehs wurden aufgesucht und man vertrieb sich die Zeit mit allerlei Spielen. Die Hirten und ihre Gehilfen spielten zum Tanz. Die Pfingstbräuche dauerten zumeist ganze drei Tage. Die Tanzfeste der Ruhlaer Bevölkerung waren weit und breit bekannt und beliebt, so dass Gäste aus Nah und Fern anrückten. Die Studentenschaft Thüringens scheute keine auch noch so weite Reise. Auf in die Ruhl hieß die Pfingstlosung. Über Eisenach, Wartburg und Hohe Sonne zog die damalige studentische Jugend Richtung Ruhla. Bestimmt waren die schönen Ruhlaer Mädchen in ihren anmutigen Trachten ein gar wichtiger Grund. Wer seine Kenntnisse darüber weiter vertiefen möchte, lese bei Lothar Köllner in „Mi Ruhl, mi Heimat“ Band 3, Seite 30 bis etwa 40 nach.

Die ersten 10 Junitage waren dadurch gekennzeichnet, dass die liebe Sonne sich relativ zurückhielt. Unser Himmelszelt zeigte sich an 2 Tagen wolkenlos, an einem Tag präsentierte man sich wolkig. 5 Tage war der Himmel bewölkt. An zwei Tagen war es bedeckt, kein einziger Sonnenstrahl wurde auf die Erde gelassen. Alles in Allem konnten wir in unsere Wetteranalen für die ersten 10 Junitage 41,2 Sonnenstunden zum Eintrag bringen. 44,9 Liter Regen - gefallen an 6 Tagen - waren das Ergebnis der Bewässerungsversuche unseres lieben Petrus für die Ruhlaer Wälder in der ersten Junidekade. Nicht viel, aber wir bedanken uns herzlich für seine Versuche. Die größte Regenmenge fiel am 4. Juni mit 13,7 Liter auf den m². Am 3. Juni hielt die himmlische Feuerwehr noch eine kurze Gewitterübung ab.

Der scharfe Ost- bzw. Nordwind über die gesamte Berichtsperiode ließ trotz Regen die Trockenheit unserer Böden weiter zu nehmen. Die Durchschnittstemperatur der ersten 10 Junitage lag bei 12,6°C. Unser Thermometer registrierte am 1.6. mit 5,5°C die bis dahin tiefste Nachttemperatur. Am 3. Juni stieg unser Thermometer auf 25,8°C. Hurra wir durften für Ruhla den ersten Sommertag im Jahre 2020 zum Eintrag bringen. Im Brauchtum folgte nun kurz nach Pfingsten der Dreifaltigkeitssonntag oder kurz Trinitatis genannt. Die Natur steht zu dieser Jahreszeit in voller Pracht. Dieser Sonntag war in Ruhla als Kräutersonntag auserkoren. Kräuter spielten in Ruhla seit jeher eine besondere Rolle. Den Rühler Frauen war es an diesem Sonntag verboten, außer zur Versorgung von Vieh, Mann und Kind irgendwelche Hausarbeit zu machen. Es hieß Kräuter sammeln und nochmals Kräuter sammeln, hatten sie doch jetzt die größte Heilkraft. Die Kräuterkenntnisse übernahmen die jüngeren Frauen immer von den älteren, also die Großmütter waren hier besonders gefragt. Streng achteten die Alten darauf, dass nicht bei Tau und Regen gesammelt wurde und noch eines, beim Sammeln durfte kein Wort gesprochen werden. Für die meisten unserer lieben Frauen war dies bestimmt die schwierigste Aufgabe für diesen Tag. Gesammelt wurde fast alles, was die Natur so hergab. Wie hieß es doch so schön:“Förr jede Kraanket ies ea Kruit gewoassen im Revier, unn wörd d`rvoo ea Traounk gebräüt, gesonnen Määnsch unn Tier.“

Das 2. Drittel des Monats Juni zeigte sich eigentlich ähnlich wie die ersten von uns betrachteten 10 Tage. An einem Tag war unser Himmelsgewölbe wolkenlos, einen Tag zeigte sich der Himmel leicht bewölkt. An jeweils weiteren 4 Tagen war der Himmel wolkig und an weiteren 4 Tagen bedeckt. Durch den aufgeführten Bedeckungsgrad war es uns möglich, im zweiten Junidrittel 38,4 Sonnenstunden zu verzeichnen, also gerade mal knapp 3 Stunden weniger als im ersten Monatsdrittel. Man kann sagen, bisher eine ausgeglichene Sache, was den Sonnenschein anbetrifft.

Trotz allem sollten wir die Alte Wetterregel nicht vergessen, die besagt: „ Der Juni ist nicht so unschuldig, wie er sich ansieht.“ Diese alte Weisheit bekamen wir am 13. und 14. des Monats zu spüren. Schwere Regenfälle prasselten an beiden Tagen über unsere Region hernieder. Besonders der Ortsteil Thal, bis hin nach Eisenach und der Mühlhäuser Raum bekamen das zu spüren. Die Feuerwehr war an beiden Tagen zum Dauereinsatz verurteilt. Die feierliche Eröffnung der Badesaison im Freibad Thal musste wegen Schlammmassen im gut vorbereiteten Becken vertagt werden. So mancher Keller war in diesem Zeitraum vollgelaufen und musste leergepumpt werden. Die Ruhlaer Zeitung und die Tagespresse berichteten ausführlich über das Wettergeschehen und die damit verbundenen Probleme. Von dieser Stelle aus nochmals ein herzliches Dankeschön an die Feuerwehr.

Solche Witterungsbedingungen im Monat Juni sind im sommerlichen Wettergeschehen aber nichts Neues. Erinnern wir uns zurück, im Jahre 2013 ließen starke Regenfälle im Juni die Elbe so stark anschwellen, das wochenlang entlang ihres Laufes alles „Land unter“ war. Schon im Mittelalter sprachen unsere Altvorderen von der Johannis- oder Magdalenenflut. Es wurde aus dem Jahr 1717 berichtet, dass nach dem 24. Juni 73 Tage Regen floss, was große Verwüstungen in Thüringen nach sich zog. Oder noch schlimmer: Im Jahr 1342 verursachten lang anhaltende Regenfälle schwere Verwüstungen und in der Folge den Ausbruch der Pest. Bei den geschilderten Hochwässern konnte noch kein Klimawandel ins Feld geführt werden und es gab sie.

Ganz so sehr hat es uns Anno 2020 zwar nicht betroffen, aber fast 65 Liter Niederschläge gefallen an 6 Regentagen sprechen klare Worte. Wenn Thüringen in den letzten Jahren nicht Millionen in den Hochwasserschutz investiert hätte, wer weiß, wer weiß? Eines steht natürlich auch fest, unser Wald war für die Regenfälle sehr dankbar. Die notwendige Bodenfeuchte konnte bisher zwar noch nicht ausgeglichen werden, aber geholfen hat der Regen.

Die kälteste Nacht der 2. Junidekade verzeichneten wir am 19.06.20 mit 9,7°C. So richtig warme Juninächte, die uns dazu verleiten aus der Nacht einen Tag zu machen, im Freien sitzen zu bleiben und den Sternenhimmel zu beobachten, hatten wir in diesem Juni noch nicht. Der heißeste Tag wurde uns bei leichter Bewölkung am 13. Juni mit 27,4°C beschert.

Ach übrigens, vor lauter Problemen zu unserem Wetter, beinahe hätten wir das Wichtigste vergessen: Seit Samstag, den 20. Juni um 23: 44 Uhr haben wir ja den richtigen, den astronomischen Sommer. Der Wermutstropfen bei der ganzen Angelegenheit ist, die Tage werden wieder kürzer, erst ganz langsam und dann immer schneller.

Nichts destotrotz, der Sommer am 20. Juni wurde seither von den Menschen herzlichst begrüßt. Bereits die alten Germanen feierten angesichts der Sommersonnenwende. Viele Feuer brannten zu Ehren des Sonnengotts Baldur. Die alten Bräuche wurden von der Kirche mit übernommen. Auch unsere Rühler Ahnen begrüßten ihren Sommer auf das herzlichste mit Sonnenwend- oder Johannisfeuern. Die Pärchen sprangen Hand in Hand durch die Flammen. Dies sollte Verbundenheit fürs Leben bedeuten und vor Unglück und Krankheit schützen. Durch den Pfarrer wurde die Glut gesegnet. Wichtig war auch, in der Johannisnacht Geträumtes, bezogen auf Liebesbeziehung und Heirat, sollte in Erfüllung gehen.

Nun kommen wir zu den letzten 10 Junitagen. Der Johannistag, der 24. Juni wurde auch in Ruhla mit Freuden begangen. In Ruhla feierte man schon immer gerne und ließ, wenn es irgend ging, keine Gelegenheit aus. Da die Sonnenwendfeier am 20.Juni doch noch zu sehr an das heidnische Sonnenwendfest erinnerte, war der 24. Juni in Gedenken an „Johannis, den Täufer“ gut geeignet, ein weiteres Feuer, das Johannisfeuer, zu entzünden. Inhalt und Sinn waren eigentlich gleich, aber der Anlass kirchlicher.

Hatten wir uns in den ersten 20 Junitagen doch so an den erquickenden Regen gewöhnt, die letzten 10 Junitage machte er sich sehr rar. Ganze 3,8 Liter regnete es an 2 Tagen. Schauen wir an den 10 Tagen zum Himmelszelt, so wird uns die Situation auch sehr deutlich. 73,7 Stunden Sonnenschein konnten wir im Berichtszeitraum verzeichnen. Zum Glück ersparte uns der mangelnde Regen am 27. Juni, dem Siebenschläfertag, einen sieben wöchigen Dauerregen. Der gesamte Monat war trotz der anfänglichen Regenfälle eigentlich von Sonne über Ruhla gekennzeichnet. Vom 1. Juni bis zum Monatsende brachte es unser geliebtes Klärchen auf insgesamt 153,3 Stunden. Im Durchschnitt der letzten 12 Jahre waren es ca. 170 Stunden.

Beim Regen lagen wir rechnerisch in den letzten 12 Jahren bei etwa 67 Litern an 7 Tagen. 2020 regnete es 113,6 Liter an 15 Regentagen. Trotz der relativ großen Regenmenge sollten wir aber auch nicht vergessen, dass uns wiederum fast den ganzen Monat ein recht steifer Nord- oder Ostwind um die Ohren wehte. Diese Windlage sorgte bei unseren Böden für eine weitere Austrocknung. Der 29. Juni, Peter und Paul, sollte möglichst ohne Regen von statten gehen. „ Regnets an Peter und Paul, wird stets die halbe Ernte faul.“ Vor allem, um die Nüsse hatten unsere Alten an Peter und Paul Angst. An diesen Tag in einem Teich baden, sollte Unglück bringen. Für die Frauen war es wichtig, an Peter und Paul keine Wäsche auf der Leine zu haben, weil sie an diesem Tag die Blitze anzieht.

Die niedrigste Nachttemperatur im diesjährigen Juni konnten wir am 1. Juni mit 5.5°C registrieren. Am wärmsten, zeigte sich unser Juni am 13. Juni, mit 27,4°C. Bemerkenswert für den Juni 2020 ist die Tatsache, dass wir insgesamt nur 5 Sommertage mit einer Höchsttemperatur von 25°C in unsere Wetteraufzeichnungen aufnehmen konnten. Die rechnerische Durchschnittstemperatur betrug in diesem Juni 15,3°C. Hitzetage, oder wie früher Tropentage, mit Temperaturen jenseits der 30°C Grenze gab es in Ruhla bisher nicht. Auch Tropennächte mit Nachttemperaturen über 20°C haben wir in Ruhla bisher auch noch nicht gehabt. Im Monat Juni gewitterte es in Ruhla an 2 Tagen und am 6.6. trat ein kurzer Hagelschauer auf. Als niedrigsten Luftdruck zeigte unser Barometer 996,4 hPa. Den höchsten Luftdruck für den Juni 2020 konnten wir am 23. Juni mit 126,9 hPa in unser Wetterbüchlein eintragen.

Als Trost für unsere Urlauber wollen wir an den alten Wetterspruch erinnern, der da lautet: „ Wenn die Nacht zu langen beginnt, dann auch die Hitze zu nimmt.“ Also wird es vielleicht doch noch etwas mit Urlaubsbräune. Zu hoffen bleibt uns, dass der letzte Wetterspruch, den ich für diesen Juni zitieren möchte nicht eintritt; „ Ban nass unn kaalt d`r Juni woir, verdirrt hea au doas reastlich Joihr.

bis zum Julibericht

Ihr Gert Götze