Ruhla im Takt der Zeit – „Stadtfibel – die Sache erklärt“ - heute: Haushaltsplanung
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die Welt von heute ist kompliziert. Vernetzt bis in den letzten Winkel von Mutter Erde, strömen täglich neue Bilder und Nachrichten auf uns ein. Dabei wird in verschiedenen Medien ganz unterschiedlich darüber kommuniziert. Oft wird auch ohne jede Kenntnis einfach nur eine Meinung virtuell verbreitet. Dabei wäre ein Blick aus dem Fenster, ein Gespräch in der Familie, ein Schwatz mit dem Nachbar oder die Beratung mit Arbeitskollegen und Freunden viel wichtiger. Unsere Blicke streifen in die Ferne, aber kennen wir uns noch in unserem Umfeld aus, wissen wir, was das Leben in unserer Nachbarschaft, im Unternehmen oder in unserer Stadt steuert und wie wir selbst daran mitgestalten können? Zu letzterem möchte ich hier in loser Folge wichtige Themen in der Rubrik „Stadtfibel - die Sache erklärt“ aufgreifen.
„Stadtfibel – die Sache erklärt“ - heute Haushaltsplanung
Die Selbstbestimmung einer Thüringer Kommune drückt sich im Wesentlichen auch dadurch aus, dass sie den Haushaltsplan selber aufstellt. Im Haushaltsplan werden alle Einnahmen und Ausgaben der Stadt schriftlich und eindeutig dargestellt. Entscheidendes Organ ist dabei der Stadtrat. Er hat die Hoheit darüber. Er hat das Recht zu beschließen. Üblicherweise bereitet die Stadtverwaltung unter Leitung des Bürgermeisters den Entwurf des Haushaltsplanes vor und legt diesen dem Stadtrat vor. Diesen Akt nennt man Einbringung des Haushaltes. Ist das geschehen, wird der Haushalt dann in den Ausschüssen beraten und Änderungen diskutiert und eingearbeitet. Am Ende der Beratung wird dann dieser abgestimmte Entwurf dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt. Ist der Beschluss gefasst, setzt der Bürgermeister gemeinsam mit der Stadtverwaltung den Plan um.
Die Haushaltsplanung unterliegt bestimmten gesetzlichen Vorgaben. Der Haushalt besteht daher aus zwei Teilen, dem Verwaltungshaushalt und dem Vermögenshaushalt. Der Verwaltungshaushalt enthält alle Kosten für die Organe und Verwaltung der Gemeinde, so z.B. alle Personalkosten und Betriebskosten. Zugleich wird deren Finanzierung durch Abgaben, Steuern oder Schlüsselzuweisungen vom Land dargestellt. Im Vermögenshaushalt sind alle Investitionen, wie z.B. in Baumaßnahmen oder in Vermögen wie Grundstücke oder Fahrzeuge und Technik enthalten. Darin wird auch deren Finanzierung durch Fördermittel, Kredite oder Eigenmittel abgebildet. Die drei wichtigsten Regeln sind: 1. Beide Haushaltsteile müssen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. 2. Aus dem Verwaltungshaushalt muss eine Zuführung zum Vermögenshaushalt in Höhe der Tilgung der Kredite zugeführt werden. 3. Bei der Planung muss die sogenannte „dauernde Leistungsfähigkeit“ mit betrachtet werden, d.h. ist der Haushalt mit den Kenngrößen für festgelegte Ausgaben und den zu erwartenden Einnahmen auch in den nächsten drei Jahren ausgeglichen.
Die Haushaltsplanung unterliegt damit vielen Einflüssen und muss klug überlegt werden. Genau das ist auch die Aufgabe, vor der die Stadtverwaltung und die Stadträte von Ruhla im Moment stehen.
Zur Situation der Haushaltsplanung 2020
Zur Haushaltsplanung 2020 ist eine wichtige Erkenntnis nötig: Nach einigen Jahren guter Finanzausstattung des Haushaltes folgt nun eine Zeit geringerer Möglichkeiten der Stadt Ruhla mit den Ortsteilen Thal und Kittelsthal. Ein Grund hierfür sind die sich ändernden Schlüsselzuweisungen des Landes. Der Freistaat Thüringen gewährt diese Mittel den Kommunen in Abhängigkeit ihrer Steuerkraft. D.h., die Zuweisungen werden je nach Entwicklung der eigenen Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuer sowie Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und Umsatzsteuer berechnet. Steigt das Aufkommen der Gemeinde, sinken zeitversetzt die Mittelzuweisungen des Landes. Das ist in Ruhla ab nächstem Jahr so. Zugleich setzt eine gewisse Schwächung der Konjunktur ein, so dass die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt wahrscheinlich sinken werden und somit eine Finanzierungslücke entsteht. Zudem wird der Freistaat Thüringen ab August 2020 den Eltern ein weiteres gebührenfreies Kindergartenjahr gewähren. Bei dieser Erstattung sind aber Tariferhöhungen und steigende Betriebskosten nicht berücksichtigt. So trägt die Stadt den größten Anteil der Kosten für Kindergärten. Es bleibt ja auch eine wichtige Aufgabe der Kommune, die aber finanziert werden muss. Ein weiterer Grund für die Herausforderungen bei der Haushaltsplanung 2020 ist die steigende Kreisumlage. Die Stadt Ruhla muss aufgrund der gestiegenen Steuerkraft der letzten Jahre mehr Kreisumlage, nämlich 1,89 Mio € anstatt 1,71 Mio €, an den Wartburgkreis abführen.
Weitere Schritte zum Haushaltsplan 2020
Die Stadt Ruhla muss also zum einen sparen und zum anderen Mehrreinnahmen generieren, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Die Stadtverwaltung berät schon seit Herbst letzten Jahres gemeinsam mit allen Fraktionen des Stadtrates die Möglichkeiten dazu. Das weitere Vorgehen ist wie folgt vorgesehen, im Februar 2020 erfolgt die Feststellung des Jahresabschluss 2019, dann wird im März 2020 der Haushaltsentwurf in den Stadtrat eingebracht und in allen Ausschüssen beraten und auch den Ortsteilräten zur Stellungnahme vorgelegt. Der Haushalt 2020 soll dann im Mai 2020 beschlossen werden und tritt dann, nach Genehmigung durch die Kommunalaufsicht, frühestens Ende Juni in Kraft. Alle Fraktionen und auch die Ortsteilbürgermeister haben dieser Entscheidung zugestimmt, sind also in Kenntnis, warum der Haushaltsplanentwurf 2020 noch nicht vorgelegt wurde.
Bis zur Genehmigung des Haushaltes 2020 ist die Stadtverwaltung Ruhla in der vorläufigen Haushaltsführung. So können z.B. keine Zuwendungen an Vereine ausgezahlt, keine neuen Verträge für Dienstleistungen geschlossen, keine neuen Baumaßnahmen angefangen werden. Der Betrieb läuft zwar weiter, es kann aber nicht neu gebaut werden.
Die Stadtverwaltung Ruhla arbeitet weiter an den Themen zur Gestaltung der Stadt. Wie letzte Woche angekündigt, beginnt auch bald die Beteiligung aller Bürger an der Aufstellung des neuen integrierten Stadtentwicklungskonzeptes. Alle sind schon jetzt eingeladen, sich konstruktive Gedanken zu machen. Auch für diesen Zweck entsteht hier die Rubrik „Stadtfibel – die Sache erklärt“. Wenn Sie weitere Fragen haben oder andere Themen erklärt haben möchten, dann schreiben Sie mir. Ich werde diese Themen dann aufgreifen. Die Stadt sind wir.
Ihr Bürgermeister Dr. Gerald Slotosch