Ruhla im Takt der Zeit – Geopark-Besuch aus Griechenland
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
in der letzten Woche bekam Ruhla, als Mitgliedskommune des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen, Besuch von Partnern aus dem UNESCO Global Geopark Chelmos Vouraikos in Griechenland. Der wissenschaftliche Beirat des Geoparks, darunter vier Forschende der Universität Patras, eine Forschende der Universität Athens und eine Wissenschaftliche Mitarbeiterin des UGGps Chelmos Vouraikos kamen zu einer Exkursion nach Thüringen. Unter anderem führte es die Forschenden gemeinsam mit Sylvia Reyer-Rohde, der Leiterin des Geoparkmanagementbüros, Stephan Brauner, Geopark-Geologe und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Geoparks Dr. Mauro Alivernini, auch nach Ruhla.
Prof. Georg Iliopoulos, Dr. Penelope Papadopoulou, Dr. Maria Groumpou und M.Sc. Dimitra Valavani der Universität Patras, Prof. Theodora Tsourou der Universität Athens und Dr. Maria Tsoni des UGGps Chelmos Vouraikos suchten dabei den Austausch zur wissenschaftlichen Untersuchung von Ostrakoden in Höhlen und Karstquellen. Dazu wurden auch Proben an einer Quelle genommen sowie vor Ort entsprechende Messdaten erhoben. Begleitet wurden die griechischen Forscher von Prof. Dr. Peter Frenzel, Lehrstuhl für Allgemeine und Historische Geologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie seiner Assistentin M.Sc. Silvia Kolomaznik.
Ostrakoden oder Muschelkrebse (Ostracoda) sind kleine Krebstiere. Ihre Größe schwankt maximal zwischen 0,2 und 30 mm, die meisten sind zwischen 0,5 und 2 mm groß. Sie besiedeln alle aquatischen Lebensräume vom Meer über das Brackwasser, die Flüsse, die Seen, die Quellen bis zu kleinen Pfützen auf der Wiese, auch das Grundwasser und mit einigen Arten sogar halb-aquatische Lebensräume. Den deutschen Namen „Muschelkrebse“ verdanken die Krebse den an Muschelschalen erinnernden Hautduplikaturen, die den Weichkörper schützen. Dabei haben Ostrakoden auch eine wissenschaftliche Bedeutung in der Paläoklimatologie, der Klimakunde zur Rekonstruktion der klimatischen Verhältnisse der erdgeschichtlichen Vergangenheit. Die an das Süßwasser gebundenen Ostrakoden eignen sich gut für die Untersuchung von Fragestellungen in der Geologie im Zeitalter des Quartärs; sowohl zur Milieu-Rekonstruktion bei archäologischen Ausgrabungen, als auch zur Untersuchung von Klimaänderungen in unserem Erdzeitalter.
Der freundschaftliche Austausch wurde durch einen Stadtrundgang in englischer Sprache unter Leitung von Jessica Gorf, Mitarbeiterin der Touristinformation, abgerundet. Beim anschließenden Gespräch haben die Gäste gemeinsam mit Dr. Gerald Slotosch, Bürgermeister Stadt Ruhla, Silke Möller, Sachgebietsleiterin Kultur und Tourismus, sowie Jonathan Harjes, geotouristischer Mitarbeiter im Rathaus Ruhla mögliche Kooperationen der beiden UNESCO Global Geoparks beraten. Dazu gehören zum einen Forschungsprojekte nebst wissenschaftlichem Austausch zur Geologie im Allgemeinen und den Ostrakoden im Besonderen. Dazu wurden zum anderen seitens der griechischen Delegation auch Kooperationsprojekte zwischen den beiden Universitäten und den Geoparks ausgelotet und nicht zuletzt auch Optionen für Städtepartnerschaften angesprochen.
Kalavryta ist eine Kleinstadt mit rund 2000 Einwohnern im Norden der Halbinsel Peloponnes. Gleichzeitig ist Kalavryta eine Gemeinde in der Region Westgriechenland, die durch Eingemeindungen vor allem in den Jahren 1997 und 2010 auf rund 11.000 Einwohner angewachsen ist. Die Stadt liegt im UNESCO Global Geopark Chelmos Vouraikos auf den Peloponnes. Durch Klima, Gebirgslage und schlechten Verkehrsanbindungen gehört Kalavryta wie der Großteil des inneren Peloponnes zu den durch Strukturschwächen und Landflucht geprägten Städten und Dörfern. In der Region wurde daher der Tourismus, heute auch Agro-Tourismus, gefördert.
Die Kleinstadt ist wie Ruhla eine von Alt-Bergbau geprägte Bergstadt. Die Historie dieser griechischen Kommune und die Entwicklung nach dem Niedergang des Kohlebergbaus am Ende des 20. Jahrhunderts lassen ähnliche Erfahrungen bei den Transformationsprozessen erwarten, wie sie für die Stadt Ruhla nach dem Zusammenbruch der Industriegroßbetriebe in den 1990er Jahren erlebt wurden. Die touristische Entwicklung und die Lage sowie die aktive Mitgliedschaft in UNESCO-Geoparks lassen dabei auf ähnliche Konzeptionen schließen. Daher werden aus dem Austausch über die Geologie, den Aufbau, die Organisationsstrukturen und die bisherigen Projekte sowie die Rolle der Kommunen in beiden Geoparks positive Impulse für die Konzeption von nachhaltigen Projekten und ansprechenden Angeboten zur Inwertsetzung für Bildung und Geotourismus erwartet. Die Gesprächspartner tauschten sich auch darüber aus, wie nächste Schritte aussehen könnten. Ausgestattet mit konstruktiven Gedanken gingen die Partner auseinander und vereinbarten, diese Ideen in die Gremien der beiden Universitäten, der UNESCO Global Geoparks und der Kommunen zur weiteren Beratung einzubringen.
Eine ideenreiche Woche wünscht Ihnen.
Ihr Dr. Gerald Slotosch, Bürgermeister Stadt Ruhla