Rühler Witterungsrückblick mit einigen Betrachtungen zum Brauchtum für den Monat Februar 2021
Der Wetterhahn von Sankt Concordia blickt zurück
Rühler Witterungsrückblick mit einigen Betrachtungen zum Brauchtum für den Monat Februar 2021
Mit dem Ende des Monats Februar hat der Winter endlich seinen Höhepunkt überschritten. Wir merken es täglich, die Tage werden länger. Ein jeder wartet schon ungeduldig auf den Frühling, heute müssen wir sagen auf das Ende der Glatteiszeit.
Der Februar ist der kürzeste Monat des Jahreslaufes. Er kann der kälteste Monat sein, bringt aber, und das haben wir in diesem Jahr besonders gemerkt, auch schon frühsommerlich warme Temperaturen mit sich.
Der Februar beginnt schon mit einem besonders hervorgehobenen Tag in Bezug auf die Wetterentwicklung, auf den unsere Altvorderen sehr achteten. Der 2. Februar ist Lichtmess. Seit Weihnachten sind 40 Tage vergangen. In früheren Zeiten galt er nach alter Kalenderzählung und die für einen jeden ersichtliche Zunahme der Helligkeit als erster Vorfrühlingstag. In unserem schönen Ruhl gab es bei unseren Vorfahren zu Mittag Gries-, Hirse- oder Reisbrei mit Zimt Zucker und ausgelassener Butter. In früheren Zeiten war das ein Festessen. Der letzte Christweck musste an diesem Tag gegessen sein. Die letzten Christbäume wurden nun endgültig abgeräumt. In den Gassen des Bergstädtchens gab es bestimmte Marken, die die Sonne an diesem Tag erreichen musste, und das wurde gefeiert. Es herrschte dann große Freude über die Februarsonne.
Für die Meister und Brotherren galt, sie hörten erstmals an diesem Tag bei Tageslicht mit der Arbeit auf. So der alte Wetterspruch:“ Lichtmeas konnen de Herrn bäi Toa gegeass, de richen, bann, se wonn, de armen bann se ebbes honn.“ Nachmittags trafen sich die Frauen und Mädchen „bäi Kräöpfel unn Kaffäbrüh. Die Wettererscheinungen dieses Tages wurden besonders beobachtet und bestimmte Wettersprüche abgeleitet. So zum Beispiel, „Lichtmesss heal un kloir, bedütt ea gut Joihr.“ Oder „Kommt d´r Daoß un Lichtmeass uss d´n Baou unn sichht sinn Schoatten, muss hea sich naochd vier Woachen widder verkrüch.“ Weiterhin sprach man: “Schinnt de Sonn un Lichtmeass, wie ännwie änn d´r Wainter noach uffress.“ Damit sich ein jeder seinen eigenen Reim auf die uralten Lichtmeassregularien machen kann, hier die Wetterdaten für diesen Tag. Die niedrigste Temperatur betrug 1,0°C, die Höchsttemperatur 7,3°C. Der Himmel war bedeckt, die Tageslänge betrug 09:17 Stunden und der Wind wehte aus WSW. Geregnet hat es an diesem Tag 3,2 l/m². Naja, bis dahin war alles gut und schön in den ersten zehn Februartagen. Aber dann zeigte uns der Monat, was er kann. Es folgten nun bis zum 6. Februar etliche Tage mit zum Teil erheblichen Regenfällen. Mit dem 6. Februar, dem Dorotheentag, ging es los. Es setzten die nächsten Tage schwere Schneefälle ein. Wie besagt doch der alte Wetterspruch: „Die Dorothe, die Dorothe bringt uns den allermeisten Schnee.“. Im Zeitraum bis zum 10. Februar fielen in unserem schönen Ruhla insgesamt 52 cm Neuschnee, wann hatten wir so etwas schon einmal gehabt? Vor 10 Jahren, besagen meine Aufzeichnungen. Was noch viel schlimmer war, die Quecksilbersäule sank und sank und wollte gar nicht wieder aufhören. Den Tiefpunkt erreichten wir am 10. Februar mit sage und schreibe -17,8 in Ruhla°C, selbst am Tage stieg die Temperatur auf nur -8,3°C. Entsetzlich für unsere vom Winter entwöhnte Seelen. Dazu wehte ein recht steifer Wind, mit Spitzenböen über 20km/h. Es war nur einfach mal richtig Winter in der Ruhl, weiter nichts. Übrigens zum Vergleich: am 10.02. erreichte den Kälterekord Mühlhausen mit -26,7°C. Der wärmste Ort Thüringens war an diesem Tag Pfeilsdorf mit nur -13,0 °C. Trösten wir uns für die Kältetage des bisherigen Februars mit dem alten Wetterspruch: “Der Februar muss stürmen und blasen, soll das Vieh im Lenze grasen.“. Oder: „Februar mit Frost und Wind, macht die Ostertage lind.“. Eine Besonderheit muss ich aber für den 10. Februar berichten. Trotz der großen Kälte und geschlossener Schneedecke wurden an diesem Tag in Ruhla die ersten Stare, ob man es glaubt oder nicht, gesichtet.
Die nächsten zehn Februartage begannen so, wie die ersten zehn geendet hatten, starke Fröste bei geschlossener Schneedecke und bis zum 15.02. mit leichten Schneefällen verbunden. Es herrschte bis zum 20.02. in den Böen noch ein relativ starker Wind. So erzielten wir am 13. Februar mit -15,0°C noch die tiefste Nachttemperatur für die zweite Dekade des Februars. Die Entwicklung der Tagestemperaturen verlief dann ab etwa den 16. kontinuierlich im Plusbereich, so dass wir am 20. schon eine Tageshöchsttemperatur von 12,6°C vorzeigen konnten. Am 15. Februar fiel Regen auf eine geschlossene Schneedecke, es wurde wieder empfindlich glatt auf den Straßen. Dank der guten Arbeit unserer Stadtwirtschaftler konnte in Ruhla aber schlimmeres verhindert werden. Dank an euch alle in den orangenen Uniformen. Im Zeitraum der zweiten 10 Februartage fielen 3,8 Liter Niederschlag. Dadurch bedingt schmolz die doch relativ hohe Schneedecke in recht kurzer Zeit, so dass wir ab dem 19. Februar nur noch von Schneeresten sprechen konnten. Die Sonne beschien uns in den zweiten 10 Februartagen insgesamt 39,70 Stunden, so wurde auch unser Gemüt aufgehellt. Der steife Wind, der uns seit dem ersten Februar begleitete, blieb uns zumindest in den Böen erhalten. Ab dem 16. konnten wir eine ständige leichte Steigerung der Tagestemperaturen verzeichnen. So traten ab diesen Zeitpunkt dann auch keine Nachtfröste mehr auf.
Die letzten 8 Februartage, besonders die ersten 5 Tage davon, haben es deutlich wärmer werden lassen. So erreichten wir am 25. Februar einen für Ruhla fast unvorstellbaren Wert von +17,2°C. Ich erinnere: am 10. Februar zeigte das Thermometer einen Tiefstwert von -17,8°C, am 25. Februar sind wir bei 17,2 °C. Dies macht innerhalb von 16 Kalendertagen einen Temperatursprung von 35°C. So etwas habe ich, seit ich das Wetter beobachte - und das sind über 30 Jahre - noch nicht erlebt. Die Periode mit den warmen Februartemperaturen hielt dann bis zum Monatsende an. Nur nachts, am 27. und 28. Februar fiel das Thermometer knapp unter den Gefrierpunkt. Geregnet hat es in den letzten 8 Februartagen 2 Liter an einem Tag auf den m². Dagegen schien unser geliebtes Klärchen an den verbleibenden 8 Tagen ganze 49,50 Stunden, also tagsüber fast nur Sonne pur. Es verblieben nur noch vereinzelnde Schneereste in den Nordlagen und bei ehemaligen Verwehungen übrig.
Überrascht wurden wir am 23.02. von rotem Schnee. Unsere Ahnen sahen das früher als böses Omen an. Roter Schnee, oh Gott was hatte das für eine schreckliche Bedeutung. Heute wissen wir, von rotem Schnee droht uns keinerlei Unheil. Diese Erscheinung, auch Blutschnee genannt, entsteht, wenn Sand, oder besser Staub der Sahara aufgewirbelt und er dann mit kräftigen Südwinden bis zu uns nach Mitteleuropa getragen wird. Durch die Winde aus dem Süden sind gleichzeitig die hohen Tagestemperaturen zu erklären.
Noch ein Phänomen brachte uns der Februar. Wunderschön ist der so genannte Polschnee, oder Diamantschnee anzusehen. Bedingt durch die tiefen Tagestemperaturen und den Sonnenschein vom wolkenlosen Himmel leuchten kleinste Eiskristalle durch das in ihnen gebrochene Licht wie tausende und abertausenden Diamanten auf der Schneedecke auf.
Für den gesamten Monat Februar können wir einschätzen, wir haben einmal wieder richtigen Winter gehabt, wenn auch zeitweise besonders auf den Autobahnen und Fernstraßen der Verkehr zum Erliegen kam. Neun Tage in Folge stieg das Thermometer in Ruhla nicht über den Gefrierpunkt. 58 cm Neuschnee fielen an 9 Tagen auf Ruhlas Berge, aber auch Straßen. An 12 Tagen konnten wir uns an einer geschlossenen Schneedecke erfreuen, 3 Tage sprachen wir von einer durchbrochenen Schneedecke und an 13 Tagen bedeckten Schneereste Ruhlas Berge.
Nachdenklich müssten uns die letzten Jahre stimmen, die viel zu milde verlaufen sind. Auch der letzte Winter war trotz der Kälteperiode im Februar immer noch zu warm. Unsere Natur braucht einfach einen richtigen Winter, damit der Lenz uns dann aus vollem Herzen grüßen kann.
Erfreulich für uns ist natürlich auch, dass nach drei Dürrejahren hintereinander der Februar genügend Regen brachte, nämlich 75,2 Liter auf den m². Hinzu kommen die 58 cm Neuschnee. So können wir einschätzen, dass zumindest die oberen Bodenschichten bis etwa 25 cm Tiefe gut durchnässt sind. Gleichfalls hat sich die Situation im Norden und Nordwesten durch die Niederschläge auch etwas entspannt. Nicht verhehlen wollen wir aber den Zustand der tieferen Erdschichten bis zu etwa 1,8 bis 2,00 Metern Tiefe. Dieses Reservoir ist nach wie vor leer, hier brauchen wir noch die Hilfe unseres Petrus. Zumal der Februar neben den erquicklichen Niederschlägen auch schon wieder 95,9 Sonnenstunden aufwies.
In Kurzfassung noch einige Wetterextreme für den Monat Februar:
- Deutschlands trockenster Ort ist zurzeit Artern im Kyffhäuserkreis. Hier fiel in den letzten Jahren nur etwa die Hälfte der durchschnittlichen Niederschläge.
- Am 12. Februar 1929 wurden in München -31,6°C gemessen. Natürlich mit der Alkoholsäule, da Tiefstwerte grundsätzlich mit der Alkoholsäule gemessen werden.
Für den Monat Februar 2021
Gert Götze